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Die irrigen Ansichten des Kleinbürgers über das Soziale

„Das Soziale ist modern“ steht auf meinem T-Shirt und mit dem fuhr ich unseren Auto-Korso am Sonnabend durch den Wahlkreis. Wie viele Leute wir erreicht haben, weiß ich nicht, aber wir waren sogar am FKK-Strand. In den nordsächsischen Dörfern werden am Sonnabend ziemlich zeitig die Bürgersteige hochgeklappt. Kann sein, schon Freitag nachts nach dem letzten Bier. Aber die Volleyballer haben wir erwischt. Volkssport! Junge Männer, wahrscheinlich Handwerker, Vertreter, Bauern, Verkäufer und andere Dorf- und Kleinstadtgrößen. Bier gab es auch. Eines habe ich gekauft, um uns die Benutzung der Toilette zu ertrinken. Auf dem Weg dahin fragt mich ein junger Mann (naja auch schon 40, aber ich bin nun mal älter), ob ich den Spruch auf meinem T-Shirt ernst nähme. Er hält das „Soziale“ für Leben auf Kosten der anderen, die arbeiten. Ich weiß nicht, wie es ihm geht, aber das Soziale hat er nicht verstanden. Sozial ist, wenn alle Arbeit haben und von dieser Arbeit anständig leben können. Und das wäre ziemlich modern!

Die Angst der Männer um die 40

Nach kurzer Krankheit heimgekehrt – in den Wahlkampf. Da habe ich heute nach rasanter Motorradfahrt am Infostand in Eilenburg Material verteilt. The same procedure as everyyear, everywhere an everytime. Ein freundliches Lächeln bringt ein freundliches Lächeln als Antwort und schon ist man das Material los. Hilfreich ist der Spruch: „Darf ich Ihnen das mitgeben? Eine Information zur Wahl“. Menschen mit kleinen Kindern hilft oft der Rat: „Wenn Sie die Zeitung nicht lesen, so können Sie doch ein Schiffchen oder einen Hut für die Kinder daraus basteln.“ „In Zeitungen stehen doch nur Lügen“, meint ein älterer Herr. „In dieser Zeitung steht, dass in Zeitungen nur Lügen stehen“ als Antwort, ließ mich die Zeitung los werden. Es geht viel und man kommt ins Gespräch. Nur eine Gruppe ist kaum zu knacken – die Männer um die 40. Die richten schon von weitem ihr Gesicht zurecht. Da gibt es die „Ich-weiß-schon-alles-Miene“. Der braucht kein neues Material. Aber es kommen auch die „Ich-will-gar-nichts-wissen-Gesichter“. Da erntet man nur Verachtung für aufdringliche Werbung. „Ich-habe-Wichtigeres-zu-tun-als-zu-wählen“ blickt einem meist mit Krawatte um den Hals entgegen. Egal wie, auf keinen Fall nehmen die um die 40 was mit. Ein klein wenig sind die Gesichter aber auch verräterisch. Irgendwo blitzt immer die Angst durch, als Mann vielleicht gar noch nicht zu wissen, wo es lang geht und was das alles für Brüder sind, die da Zettel und Zeitungen verteilen. Um Himmels Willen, das könnte doch wer sehen, vielleicht sogar eine Frau oder ein anderer Mann um die 40. So landet halt mein Material bei Älteren und Jüngeren. Sie können es ja zu Hause an den Sohn, der bald 40 wird, oder den Vati, der schon über 40 ist, weitergeben.

Endlich im Wahlkampf

Seit Mittwoch bin ich endlich voll in den Wahlkampf eingestiegen. Macht großen Spaß. Es macht Spaß, seine Positionen möglichst verständlich darzulegen, es macht Spaß zu streiten und es macht Spaß, nach getaner Arbeit noch ein Bier zu zischen. Erstes Problem: Mindestlohn. Die IHK lehnt ihn ab. Da sägen die aber an dem Ast, auf dem sie sitzen. Mindestlohn zwingt über die Qualität der Produkte im Wettbewerb zu bestehen, anstatt mit Niedrigpreisen auf der Basis von Niedriglöhnen. Ersteres führt in die Zukunft, Zweiteres bringt Stagnation. Mindestlöhne garantieren die Verwandlung von Wertschöpfung in Kaufkraft und Nachfrage, also in Konjunktur.