Die Welt – ein großer Wirrwarr

Früher, so um 1968 herum und noch ein wenig später, gab es viele (zugegebenermaßen sehr verschiedene) Linke und nicht so viele Rechte. Und es gab Franz-Josef Strauß und den ehemaligen Nazipropagandisten Kiesinger und den Widerstandskämpfer Brandt; Ulbricht, Honecker, Chruschtschew, Breschnew. Man kannte sich halbwegs aus. Die Amis waren Imperialisten, was ja auch stimmte, denn sie entlaubten gerade Vietnam, um ihre Bombenziele genauer ins Auge fassen zu können. Ho-Chi-Minh war der Held und für nicht wenige war Mao ein neuer Prophet. In der DDR klebte man Soli-Marken beim FDGB. So vertrieb man schließlich die Amis aus Vietnam und gewann Raum für die Sowjets in Afghanistan. Die USA hielten dagegen mit der Erfindung der Taliban. Später waren Losungen wie „Petting statt Pershing“ an der Tagesordnung. Die DDR wandte sich öffentlich gegen den sogenannten „NATO-Doppelbeschluss“, schwieg zwar gegen den Ausbau sowjetischer Mittelstreckenraketen, agierte diplomatisch aber ganz aktiv dagegen. Die Raketen wären ja auch über unseren Köpfen aneinandergeraten. Wir wussten schließlich, „wo man steht“.
Die goldenen Zeiten verhältnismäßiger Klarheit sind vorbei: Seit sie für die abgezogenen Russen in Afghanistan stehen, bereuen die USA die Erfindung der Taliban und ihrer Ableger bitter. Alle bekämpfen den „Islamischen Staat“ – angeblich. Alle schmeißen deswegen in Syrien Bomben. Die Bundesrepublik hilft mit Aufklärungsflugzeugen, die Ziele zu finden – natürlich nicht für alle. Die Russen bomben auf eigene Rechnung. Die Türken auch. Denn die Türken bekämpfen nicht nur den IS, sondern auch die Kurden; im eigenen Land und in Syrien. Zumindest in Syrien kämpfen die Kurden aber erfolgreich gegen den IS, wären also Verbündete. Nein, das ginge der Türkei doch zu weit. Deutschland bewaffnet beide. Bomben treffen natürlich auch Unschuldige, egal wer sie wirft. Dennoch gibt es, so sagen es zumindest die Granden der westlichen Welt, „gute Bomben“ und „böse Bomben“. Der „Russe“ hilft dem Assad. Das soll er nicht, obwohl der doch eigentlich völkerrechtlich noch immer Syrien vertritt. Der „Nicht-Russe“ will aber eine Opposition unterstützen, die durchaus bewaffnet gegen diesen Assad vorgeht. In der Ukraine unterstützt Putin ziemlich offen Aufständische gegen die Kiewer Regierung. Man nennt sie „prorussische Separatisten“. Das ist sicher nicht falsch. Vergleichbare Benennungen höre ich aber für syrische Aufständische, die der Westen unterstützt, nicht. In Syrien gibt es keine „prowestlichen Separatisten“. Wirklich nicht? Ich weiß es nicht, denn DIE LINKE lässt mich auch im Stich. Wo sind die Zeiten, als die Partei immer recht hatte? Was höre ich nicht alles aus meiner Partei: Putin steht einem kapitalistischen Staat vor, der imperiale Ziele verfolgt. Putin reagiert nur auf die zahllosen Demütigungen, die der Westen Russland seit 1990 zugefügt hat. Russland? Sind das nicht die „Freunde“, wie man die Sowjetunion einst nannte? Der Westen verstößt gegen den Vertrag „Zwei-plus-Vier“. Georgier, Moldavier flehen zu Recht um Unterstützung gegen russische Unterwerfungspläne. Russland ist eingekreist. Estland, Lettland und Litauen sind doch längst in der NATO. Russland muss im Zaum gehalten werden. Das Chaos herrscht auch andernorts: Ohne Russland geht nichts. Russland garantiert den Sieg gegen den IS. So ein ehemaliger deutscher General. Russland muss aufhören zu bomben. Russland riskiert einen Atomkrieg. So der NATO-Generalsekretär. Frau Merkel verlängert die Sanktionen gegen Russland. Herr Seehofer fährt zu Putin nach Moskau. Von den Bomben im Jemen hört man kaum noch etwas.
Millionen Flüchtlinge kommen zu uns. „Wir schaffen das“, sagt Frau Merkel, „welcome refugees“, sagen LINKE, „wir können nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen“, sagen auch LINKE. „Grenzen dicht“, wird der Weisheit letzter Schluss. Die EU löst sich in nationalstaatlichem Handeln auf. „Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen“. Sehr vernünftig! Aber wie? Waffenstillstand in Syrien – sehr gut. Terroristen darf man aber weiter bombardieren. Wer und was Terroristen sind, bestimmt … – ja wer? Ich bin, wie die meisten Menschen, für den Frieden und die Welt als einen einzigen großen, runden Tisch. Yes, we can!

(Geschrieben für Links, März 2016, 14.02.2016)

6 Gedanken zu „Die Welt – ein großer Wirrwarr

  1. Fränkle, Rainer

    Lieber Peter Porsch,

    wie kann ich dir denn in deiner Not helfen, dass Wirrwar zu entflechten,
    bevor du auf die Couch musst?

  2. Fränkle, Rainer

    ….das musst du schon selber machen im kollektiven Klassenkampf, mit den „Klassenbrüdern“ dieser Welt, gegen Ausbeutung und Unterdrückung, damit Frieden wird auf dieser Erde, ich bin dabei

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