Powidlta(t)schkerln

Wir haben die letzte Zeit genug Fleisch gegessen. Es wird wieder Zeit für eine wirklich billige Mehlspeise – die Powidlta(t)schkerln. Bevor wir uns dem Rezept widmen brauchen wir aber etwas Unterricht in Etymologie, sprich in der Lehre von der Herkunft von Wörtern.

Das Wort „Powidltaschkerln“ oder „Powidltatschkerln“ kommt aus dem Tschechischen. Das wird jeder und jede, die die Speise kennen, sehr schnell behaupten, und im Grunde stimmt es ja auch. Der erste Teil des Wortes ist eindeutig das tschechische „povidla“, was Pflaumenmus ist – dies aber nur in Deutschland. In Österreich ist und bleibt es „Powidl“ – und aus. Komplizierter ist der zweite Teil. „Ta(t)schkerl“ kommt wohl auch aus dem Tschechischen, nämlich von „ta`s´ki“, dieses aber ist wiederum aus dem Deutschen ins Tschechische eingedrungen und ahmt lautlich das Wort „Tasche“ nach. Mit dieser Erkenntnis sind wir von der Etymologie plötzlich bei der Volkskunde gelandet: die armen Leute in Wien waren oft tschechische Zuwanderer (Arbeiter oder Handwerker, besonders Schneider und Schuster) oder ihre Nachfahren, die eben tschechisch sprachen, und bei den reichen Leuten war die Köchin meist aus Tschechien, so dass sie tschechische Speisen oder wenigstens deren tschechischen Namen auf den Speisezettel brachte. Das Deutsch aber der feinen Leute wurde auf Tschechisch ausgesprochen und zwar oft so, dass die feinen Leute es gar nicht wiedererkannten und nun wiederum selbst auszusprechen probierten. So entsteht die Kette Tasche – ta`s´ki – Ta(t)schkerl. Sehr gebildete Leute versuchen uns deshalb sogar einzureden, es hieße diese köstliche Speise „Powidltascherl“ – so ein Blödsinn!

Das Rezept ist einfach und im Grunde kennen wir es schon. Wir kehren zu den Erdäpfel-, Grammel- Marillen- und Zwetschgenknödel zurück.

  1. bereiten wir also einen Erdäpfelteig zu, wie wir ihn von obigen Knödeln schon kennen.
  2. machen wir keine Knödel, sondern drücken oder walzen den Teig sehr flach aus.
  3. schneiden wir den Teig in Scheiben oder Vierecke (so reichlich handtellergroß).
  4. machen wir in die Mitte der Scheibe bzw. des Vierecks einen Klecks Powidl (etwa ein Teelöffel).
  5. schlagen wir die Scheibe oder das Viereck übereinander, so dass ein nun mit Powidl gefülltes Dreieck oder ein ebensolcher Halbkreis entsteht. Die Ränder pressen wir fest ineinander.
  6. geben wir die Ta(t)schkerln in sprudelnd heißes Salzwasser und lassen sie so lange kochen, bis sie oben schwimmen.
  7. gehen wir so vor wie bei Marillen- oder Zwetschkenknödel: wir wälzen die gekochten Ta(t)schkerln in angebräunten Semmelbröseln, bis sie vollständig davon bedeckt sind.

Das Ganze wird mit Zucker bestreut serviert. Man rechnet mit 10 bis 12 Ta(t)schkerln mindestens pro Person.

Bier schmeckt hier wiederum nicht so besonders (es wäre schade um beides, das Bier und die Powidlta(t)schkerln). Also nimmt man Weißwein oder Fruchtsaft. Ein Schnapserl hinterher kann aber nur Kleinkindern schaden, ansonsten vollendet es den Genuss.

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