Von Wölfen, Hündchen und Drachen

Man weiß ja nicht, warum und mit welcher Absicht Väter und Mütter die Vornamen ihrer Kinder auswählen. Der Gründe gibt es sicher viele, von Familientraditionen über Wohlklang im Verein mit dem Nachnamen, bis hin zur Hoffnung, der Name könnte ein Vorzeichen abgeben für das Leben, das Leben in seinem Verlauf prägen. „Nomen est omen“ meinten deshalb die alten Römer. Wollen wir uns aber nicht zu sehr versteigen. Solche Namenssymbolik ist sicher nicht weit weg von Astrologie. Sein kann aber doch, dass Eltern einen Namen wählen, um den Charakter des Sprößlings zu formen.
Warum nennt einer z.B. seinen Sohn Wolf? Ein häufiger Name war das nie und ist es heute nicht. Ganz selten ist er aber auch nicht. Der Wolf bedeutet den Menschen etwas. Nicht immer Gutes. Doch er ist auch „Isegrimm“. Das kommt von „Eisen“ und „grimmig“ und ist etwas, worauf man sich verlassen kann. „Der Mensch ist des Menschen Wolf“, könnte einer denken und kann es auch erfahren haben; erfahren, so wie es heute gemeint ist: dass nämlich die Wölfe des Kapitals einen Werftarbeiter kräftig beißen, wenn er nicht spurt, am Ende sogar den Juden zu Tode hetzen, weil 1936 der schlimmste dieser Wölfe schon „Adolf“ heißt, was zynischer Weise „edler Wolf“ bedeutet. In solcher Zeit kann man sich schon einen Wolf wünschen, der zurückbeißt. Mag sein? Ich weiß es nicht! Der Wolf war aber nun mal da. Und er wusste vom Vater, mit wem er zu heulen und wen er zu reißen hatte. Deshalb wechselte er schließlich sogar das Rudel und den Bau.
Die Geschichte könnte jetzt zum guten Ende gekommen sein – und wenn er nicht gestorben ist, dann heult und beißt er heute noch. Nun, gestorben ist er nicht, er heult noch und beißt und beißt um sich. Aber wie das so ist mit dem Wechsel des Rudels. Fremd bleibst Du dennoch. Das Rudel freut sich über Dich, zum Alpha-Tier taugst Du aber nicht. Im fremden Bau muss der übergelaufene Wolf feststellen, dass es eine sehr feste Ordnung gibt, die ihm gar nicht behagt, und dass Stolz und Eitelkeit und Ehrgeiz nicht erwünscht sind. Das Rudel ist alles – und Schluss! Wer das nicht kapiert und immer wieder dagegen löckt und heult, wird eines Tages rausgeschmissen aus der Wolfshöhle und findet sich – hast Du nicht gesehen – wieder im alten Bau und beim alten Geheul. Solches Schicksal darf keine Niederlage sein oder wenn, dann eine für die andere Seite. Ist sie ja auch. Schon deshalb, weil plötzlich noch so mancher Wolf das Rudel der vorgeblich Guten verlässt. Deren Höhle und ihre Herrscher können jetzt nicht schrecklich genug besungen werden. Am Ende werden die Wölfe von dort immer größer und immer schlimmer. Schließlich sind sie Drachen und Drachenbrut und der verstoßene Wolf wird zum Drachentöter. Die ersehnte Prinzessin hat er dafür nicht gekriegt. Eigentlich – so erzählt man zumindest – sollte es eine Margot sein. Der Name ist eine Abwandlung von Margarethe und bedeutet „Perle“. Sie blieb die Perle des Alpha-Tiers im alten Bau …
In Karl Friedrich Wilhelm Wanders „Deutsches Sprichwörter-Lexicon“ (erschienen in fünf Bänden in Leipzig von 1867 bis 1880) findet man 662 Sentenzen zum Wolf, freilich keine, in der der Wolf Drachen tötet. Seine Opfer sind die Schafe. „Der Wolf frisst das Schaf und die Zeit die Lüge“, finde ich bei Wander. Und so muss der alte Wolf einen Ausweg suchen, um sich die Anerkennung als Drachentöter zu erhalten. Als einsamer Steppenwolf will er nicht sterben. Was ist denn aus den so gefährlichen, gefräßigen, grausamen Wölfen geworden? Die Menschen nahmen sich ihrer an und sie wurden ihre treuesten Begleiter. Sie beißen noch, sie bellen und heulen, dem menschlichen Herren jedoch unterwerfen sie sich, egal was und wie der ist. Den Wolf unserer Geschichte ereilte sein Schicksal. Er bellt gegen die Drachenbrut und ist das Hündchen seiner neuen Herren. Diese geben ersehnte Anerkennung und Streicheleinheiten. Den Nachkommen der „Drachen“ aber sage ich: Drachen waren einst sehr gefürchtet, und nur mit List zu bezwingen. Heute hält man sie für niedlich und lieb. Sie wollen wie der Drache Grisu Feuerwehrmann werden, statt Feuer zu speien. Alle Achtung! Aber auch – Achtung! Das könnte manchmal dem Weg vom Wolf zum Schoßhund gleichen.

(geschrieben für Links, Dezember 2014, 23.11.2014)

Ein Gedanke zu „Von Wölfen, Hündchen und Drachen

  1. D-ROLF

    Der Biermann ist „ne arme Sau“ -u. jetzt noch dein Spott, nachdem er so in den Drachenkot gelatscht hat……noch nicht mal ignorieren -Soeinen…..

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