Vom linken Sprechen mit der Klasse

Im Grunde ist es eine Binsenweisheit, dass die Partei DIE LINKE für jene da sein sollte, die sich am unteren Ende der sozialen Hierarchien und der Einkommensstufen befinden. Ich glaube nicht, dass es für die Anerkennung einer solchen Selbstverständlichkeit große Auseinandersetzungen in der Partei braucht. Dennoch sollten wir immer wieder kontrollieren, ob wir diesem Anspruch auch gerecht werden, programmatisch und praktisch in unserem politischen Handeln. Dazu braucht es Kommunikation, Kommunikation mit jenen Schichten der Bevölkerung, für die wir uns erfolgreich und bei den Betroffenen auch verständlich einsetzen wollen. Freilich ist das gar nicht so einfach, wie man vielleicht denkt. Es genügt nicht unseren Anspruch zu formulieren und ihn ausführlich in geschliffener Sprache zu begründen. Wir müssen auch mit der Sprache derer umgehen können, die wir vertreten wollen. Das heißt nicht zu versuchen, so zu sprechen wie diese, sondern wir müssen lernen ihnen zuzuhören und zu verstehen, was sie sagen und vor allem wie sie es sagen.
Seit über 50 Jahren und wahrscheinlich auch schon länger ist dies in den Schriften zur Arbeiterbildung bekannt. Die hier gemeinten Menschen reden über ihre soziale Lage nicht in komplizierten, von detaillierter Analyse geprägten Texten, sondern – so nennt es Oskar Negt 1968 in seinem Buch Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen . Zur Theorie der Arbeiterbildung – in einer Sprache „impliziter Bedeutungen“. Dabei fassen Menschen ihre sozialen Erfahrungen in einfachen Äußerungen zusammen, denen aber ihre gesamte Erfahrungswelt zugrunde liegt. Sprechen sie zum Beispiel über Arbeitslosigkeit, so zergliedern sie ihre Erfahrung nicht in Ursache, Auswirkung und Auswegmöglichkeiten, sondern allein mit diesem Wort wird alles ausgesprochen, schwingt ihre gesamte Betroffenheit von Arbeitslosigkeit als Erleben, Angst, Widerstand und Bewältigung mit, ohne dies im Einzelnen auszubreiten. Ihre erlebte Stellung in der Gesellschaft bündelt sich oft in Aussagen wie: „Nützt ja alles nichts“. „Du weißt schon“. „Und? Wer wird es wieder bezahlen?“. „Die sind doch alle gleich“. „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen“. Usw- usw. Solche Sätze greifen auf die Annahme gemeinsamer Erfahrung genau so zurück wie auf die Annahme daraus resultierender Solidarität. Es ist zugleich resignativ und aggressiv, hilflos und kampfbereit. Es ist getragen von Klasseninstinkt, geboren in Klassenerfahrung, nicht aber schon von Klassenbewusstsein. So sprechen die Menschen nicht als analysierende Vertreter*innen der Klasse, sondern als Betroffene der Klassengesellschaft. Fragt man nach, bekommt man deshalb höchst selten systematische Durchdringung der Lebenssituation und entsprechende Schlussfolgerungen. Es werden vielmehr Geschichten „aus dem Leben“ erzählt. Auf die kommt es aber an. Sie erzählen von der Klassenlage. In diesen Geschichten bekommen Menschen ihre Identität als Mitglieder einer Klasse. Die Klasse ist aber bereits eine höhere Abstraktion. Zuerst ist es das konkrete Leben, das prägt, das konkrete Leben von Kassierer*innen, Lagerarbeiter*innen, Migrant*innen, Juden und Jüdinnen, und vielen anderen mehr.
Die AfD nützt das geschickt. Sie erzählt die Geschichten undifferenziert weiter. Sie verwandelt dabei aggressive Hilflosigkeit in aggressive Frechheit. Freilich auch nicht mehr, erzielt dabei jedoch offensichtlich den Effekt, als welche wahrgenommen zu werden, die sich was trauen. Dass sie deshalb noch nichts können, ist nicht so wichtig. Am besten wirkt dieses analytische Vakuum verbunden mit pseudokämpferischem Anspruch, wenn man sich bis zu den Grenzen der Sprache des Faschismus vorwagt oder sie fallweise auch überschreitet. Das wirkt, ist freilich brandgefährlich und politischer Betrug an den Menschen, für die zu sprechen man vorgibt.

Einen anderen Betrug für das gleiche soziale Umfeld findet man bei der FDP: „Bei uns kann jeder alles werden, egal, wo er herkommt.“ Man könnte das ja als Vorgriff auf sozialistische Ideen der Chancengleichheit verstehen. Es ist aber etwas ganz anderes. Gerade bei Erstwähler*innen, die noch Träume vom künftigen Leben haben, bedient es diese Träume. Wie im Groschenroman eröffnet es eine angeblich realisierbare Wunschwelt des eigenen Willens. Dennoch ist es nichts anderes als eine Reproduktion der negativen Seiten jener „impliziten Bedeutungen“, in denen die Lebenserfahrungen zusammengefasst sind. Der Ausweg ähnelt dem Traum vom Lottogewinn, den man erreichen kann, wenn man nur oft genug spielt.
Unsere linke Aufgabe ist eine entgegengesetzte. Wir sollten nicht schlau und selbstgerecht und selbstverliebt versuchen, wie die einfachen Arbeiter*innen zu sprechen. Uns muss es vielmehr gelingen, aus ihren Geschichten, verständliche politische Programme und Projekte zu machen. Das braucht eben zuallererst genaues Zuhören. Unsere linke Aufgabe ist es, erst danach im neugierigen und geduldigen Gespräch, das sich in Teilhabe verwandelt, die Abstraktionsebene der Klasse so darzustellen, dass daraus auch das Gefühl der Betroffenheit entsteht, dass die Zugehörigkeit zur Klasse nicht vom eigenen Erleben getrennt wird, sondern vielmehr aus dem eigenen Erleben verständlich wird. So verhelfen wir wenig reflektierten Erlebniskomplexen zu einem politisch wirksamen Klassenbewusstsein.

Lernen wir das zu erlernen! Lernen wir Arbeiterbildung, nicht Arbeiterbelehrung!

12. Oktober 2021

Dialekt ist Dialekt, ist Dialekt …? Oder der fremde Peter, der charmante Peter, der arme Peter. Sprache und sozio-kulturelle Vorurteile.

Ich erzähle jetzt eine Geschichte, die ich vor langem erlebt und geschrieben habe. Sie soll ein durchaus vermaledeites Wirken einsprachiger Mehrsprachigkeit in unterschiedlichen kulturellen Kontexten schildern. Zur einsprachigen Mehrsprachigkeit gehören neben vielen anderen „Lekten“ auch und vor allem regionale Sprechweisen, die Regio- oder auch Dialekte. Es ist nämlich jeder Dialekt auch eine Sprache mit eigenem Wert.
Die Geschichte, die ich selber erlebt habe, nenne ich: „Der fremde, der charmante und der arme Peter – als Berliner, Wiener und Sachse“.

Mal angenommen man kommt nach längerem Aufenthalt noch gar nicht in Sachsen, sondern in Berlin zurück in seine Geburts- und immer noch Heimatstadt Wien und will sich eine Hose kaufen. Da kann man bereits eine Lektion praktische sozio-kulturlelen Einordnungspotential von Dialekten erhalten. Das Geschäft – nicht der Laden – in dem man es zunächst probiert, ist alteingesessen und heißt nach der Besitzerin „Sopherl“. Der Name bereits ein untrügliches Wiener Signal für das Lokale. Hosen werden vorgeführt, anprobiert, weggelegt, schließlich verworfen. Ein nicht ganz ungefährlicher Vorgang, denn die Sopherl ist „harb“. In Berlin würde man sagen, „rauh aber herzlich“. Spätestens der für Wiener Ohren fremd-sprachliche Fehler beim Abbruch des Einkaufsvorganges brachte diese Charaktereigenschaft mit nicht zu übertreffender sprachlicher Lakonie zum Ausdruck.

Ich sagte: „Schönen Dank, aber ich will noch anderswo „gucken“, was es gibt.“ „Gucken!?“ – Wie kann man nur in Wien?! Die Antwort war also entsprechend: „Na dann gehn‘s gucken. Da werden‘s schön schauen, was Sie seh‘n wern, Sie mit ihrem Gucken!“

Recht geschah mir und ich guckte doch tatsächlich dumm aus der Wäsche, bevor ich schön blöd schaute.

Die Sache mit Hose und Fremd-Dialekt war damit aber noch lange nicht ausgestanden.

Eine Hose wurde schließlich anderswo gekauft, nach Berlin mitgenommen und ein Jahr später dem Umzugsgut nach Sachsen beigefügt. Die Hose war schön und von guter Qualität. In Sachsen stand bald danach die Teilnahme an einer Jugendweihe an. Dazu bedurfte es der schönen Hose, die aber schon ein wenig gelitten hatte. Rechtzeitig in die Reinigung gebracht, sollte sie jedoch für den feierlichen Akt wieder in angemessenen Zustand versetzt werden. Die Reinigung in Leipzig arbeitete nicht sehr schnell. Zwanzig Arbeitstage waren – so erinnere ich mich – einzuplanen. Die Zeit reichte auf einen Tag genau aus. Ein Freitag war bei richtiger Zählung als Auslieferungstag genannt, was die Benutzung der Hose am Samstag sicherte. Am besagten Freitag wollte ich also die Hose abholen.

Hast‘e gedacht. Die Hose war noch nicht fertig – „frühestens in einer Woche“, erhielt ich Auskunft.

Mein ärgerlich aufgenommener Verweis auf den versprochenen Termin brachte „Betriebsgeheimnisse“ zutage. Man wäre eigentlich verpflichtet, die Hose tatsächlich in zwanzig Arbeitstagen zu reinigen, und dürfe auch keinen anderen Auslieferungstermin angeben, weil man sonst Ärger mit der zuständigen Behörde bekäme. In Wirklichkeit aber brauche man länger, weil die zur Verfügung stehenden Kapazitäten nichts anderes zuließen. Ein echter DDR-Spaß, aber zurück zum Thema. Man gab mir einen Rat und eine Telefonnummer. Ich sollte direkt im zuständigen Kombinat bei der Beschwerdestelle anrufen.

Gesagt, getan! Das Gespräch verlief durchaus freundlich, mit Bedauern für mein Problem, sehr viel mehr jedoch mit der Forderung, die Lage zu akzeptieren und selbst eine Lösung zu finden – bis zum Moment einer jähen Wendung. Wo ich denn die Hose gekauft hätte, fragte plötzlich die freundliche Frauenstimme, „bei uns oder anderswo?“

Nachdem ich zunächst meiner Verwunderung über diese Frage Ausdruck gegeben hatte, stellte ich die Dinge klar und nannte den Einkaufsort – – Wien. „Habe ich es mir doch gedacht“, meinte jetzt die Stimme noch eine Spur freundlicher, ja fast schon liebevoll-vertraulich. „Wegen dieses entzückenden Dialekts“, war die gleich hinzugefügte Begründung.

Und hast Du nicht gedacht, wurde mir die Hose noch am gleichen Nachmittag des Freitags(!!!) ins Haus geliefert.

Sage jetzt aber niemand, das „Sächsische“ sei gegenüber dem Wienerischen vielleicht wertlos. Das Gegenteil konnte ich erfahren und das ausgerechnet noch in Wien. Inzwischen DDR-Bürger geworden, beantragte ich eine Reise „in dringenden Familienangelegenheiten“ nach Wien. Die Mutter hatte Geburtstag. Vierzehn Tage wurden mir genehmigt und hundert Schilling als Taschengeld mitgegeben. Hundert Schilling, das waren vierzehn Deutsche Mark. Für jeden Tag eine Mark – ein bisschen wenig, eigentlich gar nichts. Um aus dem „Gar-Nichts“ mit etwas Glück doch eine brauchbare Summe zu machen, steuerte ich, kaum am Wiener Südbahnhof angekommen, ein Lokal mit Geldspielautomaten an.

Es fing gar-nicht so schlecht an. Die mitgebrachte Summe war schon mehr als verdoppelt, als sich die Pechsträhne langsam heranschlich. Erst fast unbemerkt und dann brutal, so dass nur ein Weiterspielen bis zum bitteren Ende die Hoffnung auf eine neuerliche Wende – und jetzt wieder zum Guten – aufrecht erhalten konnte. Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt, aber sie stirbt eben auch. Nun dann eben ganz ohne Geld, dachte ich mir. Die Mutter musste für die zwei Wochen ohnehin aushelfen. Sie tat es ja sogar gerne. Da war kein Problem. Die Bahnkarte galt auch noch für die Straßenbahn. Da war ebenfalls kein Problem.

Ein anderes, unabweisliches meldete sich jedoch wie ein Blitz. Selbiger schlug nämlich durchs Gedärm und die Gewissheit mit einem dringenden Geschäft auf keinen Fall mehr so lange warten zu können, bis die rettende Wohnung der Mutter erreicht war, stellte sich ein mit Donner, der ja jeden Blitz unweigerlich begleitet. Was tun? (fragte schon Lenin)

Schön war die Klofrau nicht. Mit Charme war kaum etwas auszurichten. Was dann? „Gönn se misch manschemal umsonst uf de Doilette lassen? Isch muss ganz nödisch und habe geeen Geld“, versuchte ich mich panisch auf Sächsisch. „Ah, sie san a Saxe“, erkannte die gute Frau, „aus der DDR! Na ihr hobts jo nie a Göd. Na gehn‘s scho, bevor‘s in die Hosn scheißen.“ Signalisierte die Klofrau ihre Gnade vor Recht.

So weit so gut, aber aber was lernt uns das sagte mein Klassenlehrer immer? In Wien übrigens Klassenvorstand genannt.

Drei verschiedene regionale Sprachen bzw. Sprechweisen (Berlin, Wien, Sachsen) werden (einmal sogar schon nach einem Wort) gemeinsam mit dem Sprecher als Nachricht unterschiedlich verstanden und bewertet. Das geschieht in Abhängigkeit vom jeweiligen sozio-kulturellen und sprachkulturellen Hintergrund und führt zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der sozio-kulturellen Einordnung des Sprechers: Er ist einmal unerfreulich fremd (Berliner bzw. Piefke in Wien), er ist charmant (Wiener in Sachsen), er ist arm (Sachse in Wien).

Zugleich sind in den jeweiligen Vorgängen Machtverhältnisse deutlich geworden: Einem Fremden verkauft hier niemand was, zumal, wenn er piefchinesisch spricht, einem Wiener Charmeur erfüllen wir auch unerfüllbare Wünsche, einem armen Sachsen helfen wir auch ohne Geld.

Ohne fremdkulturellen Hintergrund würde es nicht so funktionieren. Das „Eigene“ und das „Fremde“ stehen also in einem Wechselverhältnis, das die Kooperation spezifisch formt und gestaltet. Das kann unterschiedliche ausfallen; je nachdem, ob man Eigenes beurteilt oder Fremdes. Interkulturalität ist also in diesem Spannungsverhältnis unterschiedlicher Selektivität ausgesetzt.

Alles dem Erzählten zu Grunde Liegende gilt auch für „echte“ Einzelsprachen und den mit ihnen verbunden Kulturen.

Wir stellen fest:
Was Menschen über Sprachen denken, denken sie auch über deren Sprecher*innen

Kann sehr gefährlich werden

Religion – Politik – Gesellschaft

Im Sächsischen Landtag gab es zu meiner Zeit einen rheinländischen Katholiken in führender Mitarbeiterposition. Er wusste um meine katholische Kindheit und frühe Jugend und begrüßte mich mit eben rheinländischem Scherz und Lächeln bei Begegnungen auf den Fluren mit einem „Gelobt sei Jesus Christus“. Mein promptes „In Ewigkeit Amen“ besiegelte Wohlwollen und freundliche Zuwendung im Spaß, wenn auch nicht mehr im Glauben. Ähnlich und doch auch deutlich anders verhielt es sich mit einem Abgeordneten der CDU, der „Christlich Demokratischen Union.“ Er war auch Katholik und er war antisozialistischer Eiferer. Seine Redebeiträge machten das sehr deutlich. Nichts von Feindesliebe (Lukas, 6-27ff). Es sei ihm zugestanden, auch wenn ich weiß, dass er in der DDR beruflich einige beneidenswerte Vorteile genoss. Diese waren aber nicht politisch erschlichen, sondern durch spezifisches Können begründet. Er wusste auch um meine katholische Prägung und wollte diese eines Tages endgültig überprüfen. Deshalb fragte er mich, ob ich denn das „Confiteor“ des sogenannten Stufengebets am Beginn der katholischen Messfeier wirklich beherrsche. Nun, wenigstens der Anfang war mir noch geläufig und die Prüfung deshalb ohne Schwierigkeiten zu bestehen. Es war ein langes lateinisch zu sprechendes Schuldbekenntnis vor dem allmächtigen Gott, der heiligen Jungfrau und allen Aposteln und Heiligen.

Und dann kam mir ein Gedanke: Was wäre denn, wenn sich zwei muslimische Abgeordnete – der Islam gehört zu Deutschland – auf den Fluren eines deutschen Parlaments mit „Allahu Akbar“ begegnet wären oder sich ebendort ganz öffentlich die Kenntnis von Suren des Korans oder islamischen Gebeten abgeprüft hätten? Diesen Zuruf unter Muslim*innen nennt man „Takbir“ und er ist dem „Gelobt sei Jesus Christus“ in seiner Identifikations- und Bekennerfunktion durchaus vergleichbar.

Bleiben wir noch in den späten 1990er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Muslim*inne in deutschen Parlamenten hätten auch schon damals nicht mehr allzu viel Aufsehen erregt, die Begrüßung mit „Allahu Akbar“ jedoch sehr wohl. Heute ginge das aber überhaupt nicht mehr. Leider haben Terroristen, Amokläufer, Mörder diesen muslimischen Zuruf missbräuchlich zu einem Schlachtruf bei ihren Taten gemacht. Zum Schaden für alle bekennenden Muslim*innen! „Allahu Akbar“ ist in Europa für sie praktisch unbrauchbar geworden, um sich in ihrem Glauben zu erkennen zu geben. Es ist hat sich in den Unheil verkündenden Ruf des sogenannten „politischen Islam“ verwandelt. Die gesellschaftlichen Folgen sind fatal: Was auch immer „politischer Islam“ wirklich sein mag, er ist irgendwie zum einzigen Topf geworden, in den man den Islam als Ganzes wirft. Die Muslima Fereshda Ludin schreibt am 18.11.2020 im digitalen „MIGAZIN“: „Aus persönlicher Erfahrung und Auseinandersetzung mit Politik, Medien und vielen Akteur:innen unserer Gesellschaft weiß ich, dass es ein Teufelskreis ist, aus dem vor allem ,Muslime‘, die sich zum Islam öffentlich bekennen, nicht herauskommen. Ich empfinde es vor allem für die junge Generation als sehr belastend, vor allem im Kontext mit Schule, Ausbildung und im Bildungssektor allgemein.“ Damit bekämpft man nicht Terrorismus und Missbrauch des Islam, sondern schließt sich dem Missbrauch schließlich selbst an und verunglimpft eine Religionsgemeinschaft total und undifferenziert. Das bereitet Distanz zur restlichen Gesellschaft Raum, verunsichert vor allem jene, die mit dem Islam in diese Gesellschaft hineinwachsen sollen und verschafft jenen Imamen Gehör, die das für eine Radikalisierung ihrer Glaubensbrüder und -schwestern ausnutzen wollen.

Die beunruhigten, aber doch so „friedfertigen“ Vertreter eines „politischen Christentums“ sind jedoch auf der sicheren Seite. Sie haben das „C“ im Parteinamen, können aber Flüchtlinge im Mittelmeer absaufen lassen. Milde darf ihnen fremd sein, weil doch sonst noch mehr kommen. Soziales Gewissen kann zu Gefahr werden, weil es in seiner Mildtätigkeit ausgenutzt werden könnte. Kriege sind notwendig, weil nur die damit zu verteidigenden „Menschenrechte“ weitere Herrschaft und Profite sichern.

Nun, ich will auch nicht ungerecht sein, aber sind wir doch wenigstens ein wenig gerechter! Wie sagte Jesus? „Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.“

Und – hoffen wir auf ein Weiterleben von „LINKS“ nach dem Tod.

(Geschrieben für die letzte Ausgabe ever von LINKS, 19. November 2020)